KI-Chatbots in der schulischen Berufsorientierung
In unserem Artikel Arbeitswelt im Wandel zeichnen wir das Bild unserer Arbeitswelt, die sich immer schneller entwickelt. Und wieder einmal krempelt eine neue Technologie die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten, um: Der kürzlich veröffentlichte Chatbot „ChatGPT“ nutzt fortgeschrittene Algorithmen und maschinelles Lernen (bzw. künstliche Intelligenz), um Fragen von Menschen zu beantworten und Ratschläge zu geben. Wohlgemerkt behält nicht jedes Urteil über den Chatbot seine Gültigkeit, weil er sich durch automatisiertes Lernen ständig verbessert, bzw. verändert. In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit der Frage, welchen Beitrag ChatGPT in der schulischen Berufsorientierung leisten kann und welche Gefahren der Einsatz birgt.
In der heutigen Arbeitswelt gibt es eine schier endlose Vielzahl von Karrieremöglichkeiten, die nicht nur für Schülerinnen und Schüler schwer zu verstehen sind. Die Arbeitswelt ist gigantisch. ChatGPT kann helfen die Fragen von Arbeitskräften zu beantworten. Auch bei der Erstellung von Bewerbungen können erste Entwürfe schnell entwickelt werden (siehe Bild). Auch wenn die Antworten von ChatGPT fehlerhaft oder pedantisch sind, werden seine Antworten zunehmend besser, denn eine künstliche Intelligenz lernt sich zu optimieren. Wie gut die Ergebnisse in Zukunft sind, und wie sehr wir uns auf die Antworten verlassen können, lässt sich nicht seriös beantworten. Beeindruckend ist der Chatbot jedenfalls jetzt schon. Wir hören von Jugendlichen, dass sie ihre Hausaufgaben damit erledigen. Und tatsächlich sind Teile dieses Artikels durch ChatGPT entstanden. Die disruptive Kraft der Technologie ist beeindruckend und beängstigend zugleich. Das sagen zumindest Schülerinnen und Schüler in unseren Workshops zur Berufsorientierung.
Am besten verschaffst du dir selbst einen Eindruck, indem du selbst mit ChatGPT chattest. Die Registrierung ist kostenlos und dauert etwa eine Minute. Per Login über einen Google- oder Microsoft-Account kannst du direkt loslegen.
Ein Beispiel
Dies ist ein originales Beispiel, in dem der Chatroboter Tipps zur Berufswahl gibt.
Frage: „Ich möchte meinen Realschulabschluss machen, mag Mathe, Menschen und die Natur. Welcher Beruf passt zu mir?“
Antwort: Es gibt viele Berufe, die Mathematik, Menschen und Natur miteinander verbinden. Hier sind einige Berufe, die zu deinen Interessen passen könnten:
- Biologielaborant:in: In diesem Beruf arbeitest du im Labor und erforschst Natur und Umwelt. Du wertest Daten aus und erstellst Berichte.
- Geomatiker:in: Hierbei geht es um Vermessung und Kartierung. Du arbeitest viel mit Geografie und Mathematik, um Karten und Pläne zu erstellen.
- Forstwirt:in: In diesem Beruf kümmerst du dich um den Wald und die Natur. Du planst und führst Waldarbeiten durch, überwachst das Wachstum und den Gesundheitszustand von Bäumen und bist viel draußen in der Natur.
- Umwelttechniker:in: Hier geht es um Umwelt- und Klimaschutz. Du arbeitest daran, Lösungen für Umweltprobleme zu finden und diese umzusetzen. Du analysierst Daten und planst Maßnahmen.
Das sind nur ein paar Beispiele von Berufen, die deine Interessen und Stärken kombinieren. Du solltest dir aber auch selbst die Zeit nehmen, um dich weiter umzuschauen und dich über weitere Berufe zu informieren, die für dich in Frage kommen könnten.
Dies ist nur ein einfaches Beispiel. Mit der Aufforderung „Bitte schreibe mehr Beispiele“ liefert der Chatroboter weitere Ideen. Und wir als Berufsberater finden, dass die Vorschläge wirklich gut sind! Wir haben aber auch schon viele unvollständige und teilweise falsche/unpassende Antworten erhalten, die unbedingt mit Vorsicht zu genießen sind.
Medienkompetenz an Schulen
Medienkompetenz ist eine Schlüsselkompetenz im digitalen Zeitalter, die an Schulen trainiert werden muss, um den Schülerinnen und Schülern zu helfen, das Potenzial von Technologien wie Chatbots wie ChatGPT besser und kritischer zu nutzen. Medienkompetenz beinhaltet Fähigkeiten wie die Fähigkeit, Online-Inhalte zu bewerten, Informationen zu recherchieren, digitale Kommunikationstechniken zu nutzen und kritisch über die Auswirkungen von Technologien auf die Gesellschaft und die individuelle Person nachzudenken. So sieht es die KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ vor.
Chatbots haben das Potenzial, Fehlinformationen und Vorurteile zu verbreiten, wenn sie falsch programmiert oder falsch genutzt werden. Deswegen ist es wichtig, dass Schülerinnen und Schüler kritische Fragen stellen und die Antworten auf ihre Fragen genau prüfen. Durch entsprechende Trainings können Schülerinnen und Schüler lernen, wie sie die Genauigkeit und Glaubwürdigkeit von Chatbots bewerten können, um Fehlinformationen zu vermeiden.
Kritik: „Technology as extension of the Human Body“
Marshall McLuhan, ein bekannter kanadischer Medientheoretiker, prägte die Aussage „Das Medium ist die Botschaft“, um zu betonen, dass die Art und Weise, wie Informationen übermittelt werden, oft wichtiger ist als die Informationen selbst. Eine seiner Ansichten war, dass die Einführung neuer Medien nicht nur neue Fähigkeiten schafft, sondern auch alte Fähigkeiten „amputiert“, also abtrennt oder beeinträchtigt.
So kann der Einsatz von Chatbots dazu führen, dass Schülerinnen und Schüler weniger direkte Interaktionen mit Berufsberatern oder anderen Schülern haben und somit möglicherweise weniger soziale Fähigkeiten entwickeln, die für den Berufsalltag wichtig sind. Auch könnten bestimmte Berufe oder Karrierewege durch die Art und Weise, wie ChatGPT arbeitet, bevorzugt oder vernachlässigt werden. Die individuelle Betrachtung von Menschen in all ihren Facetten ist ein zentraler Aspekt der Berufsorientierung. Doch inwiefern ChatGPT, Bard und Co. unsere Handlungsfähigkeiten wirklich beeinträchtigen, bleibt offen.
Fazit
Insgesamt bietet ChatGPT eine beeindruckende Möglichkeit, die Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Mit seiner Fähigkeit, Fragen zu beantworten und Ratschläge zu geben, kann ChatGPT dazu beitragen, dass Schulen entlastet werden. Immerhin werden fachliche Fragen schnell, kompakt und verständlich beantwortet. Aber wie bei jeder disruptiven Technologie, gehen alte Strukturen und Prozesse kaputt. Wenn Schulen und andere Bildungseinrichtungen dafür sorgen, dass ChatGPT verantwortungsvoll genutzt wird, können wir genau die Prozesse zerstören, die ohnehin zu viel Arbeit erfordern. Für viele junge Menschen gibt es gute Gründe ChatGPT zu nutzen. Wir werden den Fortschritt der Technologie beobachten, um sie ab dem kommenden Schuljahr (2023/24) in unsere Workshops einzubinden. Denn was sich nicht biegt, bricht früher oder später.