Ralph Kaste: Jeder kann was werden – Berufsorientierung für Clevere
Die vorliegende Publikation habe ich mit den Augen einer Lehrerin mit langjähriger Berufserfahrung als Förderschullehrerin in der Inklusion und in verschiedenen Förderschulen gelesen. In die folgenden Ausführungen fließen auch meine Erfahrungen als Trainerin für Berufsorientierungsworkshops mit Jugendlichen aller Schulformen ein. Nicht zuletzt bin ich Mutter eines erwachsenen Sohnes, den ich auf dem mühsamen Weg der Berufsorientierung begleitet habe.
Schon im Vorwort des Buches wird die Positionierung des Autors deutlich. Der beschleunigte gesellschaftliche Wandel und dessen Herausforderungen für die berufliche Ausbildung werden angesprochen und mit einer kritischen Bewertung der dualen Ausbildung verbunden. Er kritisiert die starke fachliche Spezialisierung und Kleinteiligkeit in der dualen Ausbildung. Seine Haltung bezogen auf Veränderungsnotwendigkeiten zeigt dieses Zitat:
„Den Azubis sollten Kompetenzen vermittelt werden, die über enge Berufsbilder hinausgehen, lebenslanges Lernen erleichtern und ihnen später auch nützen, wenn sich die Anforderungen am Markt verändert haben“ (S. 11).
Der Aufbau des Buches ist übersichtlich. Es besteht aus zwei Teilen, die unabhängig voneinander gelesen werden können.
Der erste Teil folgt gewissermaßen einer Chronologie. Er beginnt mit dem Thema Berufswahl, gibt Informationen zur Bewerbung und zur Ausbildung. Mit den Themen Risiken beim Wechsel aus der Festanstellung, Umschulung und verschiedene Wege zum Traumjob endet dieser erste Teil.
Die Unterkapitel: Berufswahl, Bewerbung, Ausbildung, Ausstieg, Umstieg, Qualifizierung sind in weitere, knappe und prägnante Themen gegliedert. Jeder Teilbereich steht für sich und kann nach Interesse einzeln gelesen werden. Alle Teile beinhalten profunde Sachinformationen, verbunden mit kritischen Anmerkungen und Hinweisen auf Fallen, in die ein Bewerber besser nicht tappen sollte. Das Kapitel „Sommerhitze, Dresscode und Direktionsrecht“ ist ein gutes Beispiel dafür. Es gelingt dem Autor überzeugend – wie auch in anderen Kapiteln – Haltungs- und Geschmacksfragen mit rechtlichen Informationen zu verknüpfen. Im Kapitel „Lebenslauf – Spielfeld für große und kleine Lügen“ wären mehr Sachinformationen zur Gestaltung eines Lebenslaufes wünschenswert.
„Finde deinen Weg“, so ist der zweite Teil des Buches überschrieben. Als ausgesprochen hilfreich bei der Berufswahl kann das erste Kapitel – insbesondere von Jugendlichen und ihren Erziehungsberechtigten – genutzt werden, wenn im häuslichen Bereich über die Berufswahl gesprochen wird. Es besteht aus einer Auflistung aller Ausbildungsberufe, gegliedert nach Berufsfeldern. Auf dieser Informationsbasis kann eine gezielte Internetrecherche für einzelne Ausbildungsberufe erfolgen. Einen ähnlichen Charakter hat das dritte Kapitel, das überschrieben ist mit dem Titel „Varianten des Einstiegs in einen qualifizierten Beruf“. Es ist nach Qualifikationsfeldern gegliedert und beschreibt, welche Aufstiegsmöglichkeiten es nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung gibt.
Als Sonderpädagogin sprechen mich besonders die kritischen Ausführungen zur Fachpraktikerausbildung für Menschen mit Handicaps an. Zurecht kritisiert Kaste, dass Deutschland – trotz UN-Behindertenrechtskonvention – keine inklusive Gesellschaft ist und dass es separierende Ausbildungsgänge für diesen Personenkreis gibt. Er schreibt zutreffend:
„Alle Unterstützung, die Menschen mit Behinderungen bei einem Träger erhalten, kann auch für eine reguläre Ausbildung organisiert werden“ (S. 174).

Autorin: Dr. Inge Krämer-Kiliç,
ehem. Leiterin des Studienseminars für Sonderpädagogik in Hannover – heute ehrenamtlich für die AVM Berufsorientierung aktiv.
Die drei Fallbeispiele im letzten Kapitel des Buches sollen aufzeigen, dass es verschiedene Wege in eine selbstbestimmte berufliche Zukunft geben kann, dass es sich lohnt, umfangreiche Recherchen anzustellen und dass schulische Leistungen nicht zwingend ein Hemmnis auf dem Weg zum Traumberuf sein müssen.
Der Titel des Buches „Jeder kann was lernen – Berufsausbildung für Clevere“ ist insofern Programm, als es sich an eine breite Leserschaft richtet. Der gut leserliche Schreibstil spricht Jugendliche, Erziehungsberechtigte und Lehrkräfte gleichermaßen an. Deswegen und aufgrund der profunden Ausführungen zu den zentralen inhaltlichen Bereichen der Berufsorientierung sollte dieses Buch in keiner Lehrer- und Schülerbücherei fehlen.
Mein Fazit lautet deshalb: Absolut empfehlenswert!
Bibliografische Angaben
Ralph Kaste: Jeder kann was werden – Berufsorientierung für Clevere
Berlin 2024, Kaste & Sohn Verlag
ISBN 783982163222